Expertise Nachhaltiges Wirtschaften Supply Chain Resilience und Klimarisikomanagement - Dr. Lars Wietschel

Dr. Lars Wietschel ist am Lehrstuhl Production & Supply Chain Management an der Universität Augsburg tätig. Wir waren mit ihm im Gespräch über das Thema Supply Chain Resilience, den Auswirkungen des Klimawandels auf Lieferketten und Klimarisikomanagement im Unternehmen.

Wie definieren Sie den Begriff "Supply Chain Resilience" und welche Bedeutung hat er im Kontext der Auswirkungen des Klimawandels?

Unter dem anthropogenen Klimawandel wird die langfristige Veränderung des Klimas mit global steigenden Durchschnittstemperaturen infolge menschlicher Aktivitäten wie der Verbrennung fossiler Energieträger verstanden. Er führt zu häufigeren und intensiveren Wetterextremen wie Hitzewellen, Dürren, Starkregen und Stürmen sowie zum Anstieg des Meeresspiegels. Diese Veränderungen bedrohen die durch den Menschen geschaffene Infrastruktur, welche Grundlage unseres Wohlstandes ist. 

Supply Chains stellen Produkte und Dienstleistungen für die Gesellschaft bereit. Um wettbewerbsfähig zu sein, müssen Produkte und Dienstleistungen kosteneffizient und schnell bereitgestellt werden, was durch Outsourcing weniger profitabler Geschäftsbereiche, einer geringeren Anzahl an Zulieferern und Just-in-Time Produktion erreicht wird, dabei jedoch zu komplexen globalen Lieferketten führt. Diese Komplexität führt zunehmend zu einer Verwundbarkeit gegenüber Klimawandel bedingter Risiken - eine Dürre in Taiwan, beispielsweise, kann globale Lieferengpässe bei Hochleistungselektronik nach sich ziehen.

Der Begriff "Resilienz" wird in verschiedensten Forschungsfeldern verwendet, mit der Gemeinsamkeit, dass Resilienz der Prozess der Bewältigung einer Störung meint. Eine resiliente Lieferkette versucht, mögliche Klimawandelrisiken zu antizipieren und Fähigkeiten aufzubauen, mit diesen Risiken umzugehen bzw. ihnen standzuhalten. Wir unterscheiden typischerweise zwischen absorptiver Fähigkeit, um den Schock zu absorbieren, sowie restaurativer Fähigkeit, welche auf einen schnellen Wiederaufbau gestörter Prozesse abzielen, wenn weder eine Absorption noch eine Adaption erfolgreich war. Durch welche Maßnahmen diese Fähigkeiten erreicht werden, ist sehr unternehmensspezifisch und kann von Lagerhaltung über redundante Kapazitäten oder einer Diversifizierung von Zulieferern reichen.

Welche klimabedingten Risiken können aus Ihrer Sicht eine Lieferkette betreffen und wie können diese durch ein strukturiertes Klimarisikomanagement vermieden werden?

Hierzu würde ich erstmal zwischen Produktion und Logistik unterscheiden. Produktionsprozesse finden typischerweise an einem Ort statt und benötigen Rohstoffe, Vorprodukte, Energie, Maschinen, Gebäude und Personal. Klimabedingte Risiken können die Verfügbarkeit dieser Inputs auf verschiedenste Arten reduzieren – das können direkte Schäden an Maschinen und Gebäuden durch Hochwasser sein, wie es die Region um Augsburg herum Anfang Juni 2024 erlebt hat. Es kann aber auch fehlendes Kühl- oder Prozesswasser aufgrund von Dürren, oder eine ausgefallene Ernte sein. Die Logistik betrifft den Transport, die Lagerung und die Materialhandhabung. Gerade der Transport kann sehr verwundbar gegenüber Extremereignissen sein. Während des Dürrejahrs 2018, beispielsweise, war die Binnenschifffahrt insbesondere auf dem Rhein über Wochen stark eingeschränkt und viele Unternehmen entlang des Rheins wie die BASF konnten weder Produkte verschiffen noch notwendige Ressourcen erhalten. Forschende konnten zeigen, dass allein dieses Wetterereignis das Deutsche BIP in 2018 um bis zu 0,5 % reduzierte. Die Häufigkeit und Schwere solcher Ereignisse wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten merklich ansteigen.

Ein Unternehmen mit strukturiertem Klimarisikomanagement sollte für jeden relevanten Aspekt seiner Lieferkette prüfen, wie wahrscheinlich das Auftreten eines Extremereignisses entlang der Supply Chains ist und wie groß mögliche Schäden sein könnten. Im Falle des Rhein-Niedrigwassers wird betroffenen Unternehmen Strategien wie eine Diversifizierung der Zulieferer, eine höhere Lagerhaltung, und eine Diversifizierung der Transporttechnologien empfohlen. Natürlich sind das alles Maßnahmen, die im ersten Moment Geld kosten, sich jedoch langfristig auszahlen können.

Welche zentralen Faktoren und Maßnahmen sind für Unternehmen wichtig, um die Resilienz der Lieferkette zu stärken? Welche Empfehlungen würden Sie diesbezüglich Unternehmen geben?

Unternehmen sollten sich absorptive, adaptive und restaurative Fähigkeiten zulegen, um Störungen der Lieferkette möglichst zu absorbieren, sich schnell und flexibel an Störungen anzupassen, und gestörte Teile der Lieferkette schnell wieder aufzubauen. Störungen der Lieferkette lassen sich beispielsweise durch eine erhöhte Lagerhaltung, diversifizierte Zulieferer, oder redundante Transportverbindungen absorbieren. Die Fähigkeiten zur Adaption an unvorhergesehene Situationen lassen sich durch Forschung und Entwicklung an Alternativen stärken, aber auch durch das Vorhalten von Backup-Lieferanten, Gebäuden oder Maschinen. Physische Schäden an Gebäuden oder Maschinen der Lieferkette lassen sich durch qualifiziertes Personal zur Behebung dieser Schäden und ausgearbeiteter Pläne zur Schadensbehebung schneller wieder in Betrieb nehmen.

Dr. Lars Wietschel ist am Lehrstuhl Production & Supply Chain Management an der Universität Augsburg tätig. Wir waren mit ihm im Gespräch über das Thema Supply Chain Resilience, den Auswirkungen des Klimawandels auf Lieferketten und Klimarisikomanagement im Unternehmen.

Wie definieren Sie den Begriff "Supply Chain Resilience" und welche Bedeutung hat er im Kontext der Auswirkungen des Klimawandels?

Unter dem anthropogenen Klimawandel wird die langfristige Veränderung des Klimas mit global steigenden Durchschnittstemperaturen infolge menschlicher Aktivitäten wie der Verbrennung fossiler Energieträger verstanden. Er führt zu häufigeren und intensiveren Wetterextremen wie Hitzewellen, Dürren, Starkregen und Stürmen sowie zum Anstieg des Meeresspiegels. Diese Veränderungen bedrohen die durch den Menschen geschaffene Infrastruktur, welche Grundlage unseres Wohlstandes ist. 

Supply Chains stellen Produkte und Dienstleistungen für die Gesellschaft bereit. Um wettbewerbsfähig zu sein, müssen Produkte und Dienstleistungen kosteneffizient und schnell bereitgestellt werden, was durch Outsourcing weniger profitabler Geschäftsbereiche, einer geringeren Anzahl an Zulieferern und Just-in-Time Produktion erreicht wird, dabei jedoch zu komplexen globalen Lieferketten führt. Diese Komplexität führt zunehmend zu einer Verwundbarkeit gegenüber Klimawandel bedingter Risiken - eine Dürre in Taiwan, beispielsweise, kann globale Lieferengpässe bei Hochleistungselektronik nach sich ziehen.

Der Begriff "Resilienz" wird in verschiedensten Forschungsfeldern verwendet, mit der Gemeinsamkeit, dass Resilienz der Prozess der Bewältigung einer Störung meint. Eine resiliente Lieferkette versucht, mögliche Klimawandelrisiken zu antizipieren und Fähigkeiten aufzubauen, mit diesen Risiken umzugehen bzw. ihnen standzuhalten. Wir unterscheiden typischerweise zwischen absorptiver Fähigkeit, um den Schock zu absorbieren, sowie restaurativer Fähigkeit, welche auf einen schnellen Wiederaufbau gestörter Prozesse abzielen, wenn weder eine Absorption noch eine Adaption erfolgreich war. Durch welche Maßnahmen diese Fähigkeiten erreicht werden, ist sehr unternehmensspezifisch und kann von Lagerhaltung über redundante Kapazitäten oder einer Diversifizierung von Zulieferern reichen.

Welche klimabedingten Risiken können aus Ihrer Sicht eine Lieferkette betreffen und wie können diese durch ein strukturiertes Klimarisikomanagement vermieden werden?

Hierzu würde ich erstmal zwischen Produktion und Logistik unterscheiden. Produktionsprozesse finden typischerweise an einem Ort statt und benötigen Rohstoffe, Vorprodukte, Energie, Maschinen, Gebäude und Personal. Klimabedingte Risiken können die Verfügbarkeit dieser Inputs auf verschiedenste Arten reduzieren – das können direkte Schäden an Maschinen und Gebäuden durch Hochwasser sein, wie es die Region um Augsburg herum Anfang Juni 2024 erlebt hat. Es kann aber auch fehlendes Kühl- oder Prozesswasser aufgrund von Dürren, oder eine ausgefallene Ernte sein. Die Logistik betrifft den Transport, die Lagerung und die Materialhandhabung. Gerade der Transport kann sehr verwundbar gegenüber Extremereignissen sein. Während des Dürrejahrs 2018, beispielsweise, war die Binnenschifffahrt insbesondere auf dem Rhein über Wochen stark eingeschränkt und viele Unternehmen entlang des Rheins wie die BASF konnten weder Produkte verschiffen noch notwendige Ressourcen erhalten. Forschende konnten zeigen, dass allein dieses Wetterereignis das Deutsche BIP in 2018 um bis zu 0,5 % reduzierte. Die Häufigkeit und Schwere solcher Ereignisse wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten merklich ansteigen.

Ein Unternehmen mit strukturiertem Klimarisikomanagement sollte für jeden relevanten Aspekt seiner Lieferkette prüfen, wie wahrscheinlich das Auftreten eines Extremereignisses entlang der Supply Chains ist und wie groß mögliche Schäden sein könnten. Im Falle des Rhein-Niedrigwassers wird betroffenen Unternehmen Strategien wie eine Diversifizierung der Zulieferer, eine höhere Lagerhaltung, und eine Diversifizierung der Transporttechnologien empfohlen. Natürlich sind das alles Maßnahmen, die im ersten Moment Geld kosten, sich jedoch langfristig auszahlen können.

Welche zentralen Faktoren und Maßnahmen sind für Unternehmen wichtig, um die Resilienz der Lieferkette zu stärken? Welche Empfehlungen würden Sie diesbezüglich Unternehmen geben?

Unternehmen sollten sich absorptive, adaptive und restaurative Fähigkeiten zulegen, um Störungen der Lieferkette möglichst zu absorbieren, sich schnell und flexibel an Störungen anzupassen, und gestörte Teile der Lieferkette schnell wieder aufzubauen. Störungen der Lieferkette lassen sich beispielsweise durch eine erhöhte Lagerhaltung, diversifizierte Zulieferer, oder redundante Transportverbindungen absorbieren. Die Fähigkeiten zur Adaption an unvorhergesehene Situationen lassen sich durch Forschung und Entwicklung an Alternativen stärken, aber auch durch das Vorhalten von Backup-Lieferanten, Gebäuden oder Maschinen. Physische Schäden an Gebäuden oder Maschinen der Lieferkette lassen sich durch qualifiziertes Personal zur Behebung dieser Schäden und ausgearbeiteter Pläne zur Schadensbehebung schneller wieder in Betrieb nehmen.

Kontakt

Universität Augsburg - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät

Dr. Lars Wietschel
Production & Supply Chain Management




lars.wietschel@uni-a.de
https://www.uni-augsburg.de/de/fakultaet/wiwi/prof/bwl/tuma/

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