Praxisbeispiel Innovation – "Alle mussten alles neu lernen" – Vom Handwerk zur Serienfertigung
Das Unternehmen Aumann Holzbau, das dieses Jahr sein 120-jähriges Firmenjubiläum feiert, hat mitten in der Baukrise 7 Mio €. in den Aufbau einer neuen automatisierten Serienfertigung von Bauelementen investiert. Das heißt: neue Halle, neue Maschinen, neue Produkte, neue Prozesse, Digitalisierung und neue Qualifikationen bei Mitarbeitern. Geschäftsführer Theo Aumann erläutert, welche Erfahrungen man bei so einem Innovationsprojekt als Mittelständler macht – und wie man sich als Traditionsunternehmen an der Schnittstelle vom Handwerks- zum Industriebetrieb mit rund 150 Mitarbeitern immer wieder neu erfindet.
Von der Baubranche hörte man in letzter Zeit eher Krisennachrichten – Sie stemmen eine Millioneninvestition: Was war für Sie der Auslöser, sich an ein so großes Innovationsprojekt zu wagen?
Theo Aumann: Die Baubranche ist vielleicht in der Krise, aber nicht die Holzbaubranche. Wir erleben im Holzbau seit über 20 Jahren einen kontinuierlichen Wachstumsprozess. Das liegt auch an Innovationen. Die Maschinenbaufirma Hundegger, Weltmarktführer für Bearbeitungsmaschinen für konstruktiven Holzbau, war 1987 der erste Innovator und hat mit der Entwicklung von automatisierten Abbundmaschinen erst die Holzbau-Fertigung in größerem Maßstab ermöglicht. Deswegen konnte der Holzbau so wachsen.
Wir wollten gemeinsam mit der Firma Hundegger nun den nächsten Innovationsschritt in der automatisierten Fertigung gehen und auch größere Projekte im Holzbau anbieten können. Ich wollte das jetzt in Angriff nehmen, da wir im Unternehmen in den nächsten Jahren einen Generationswechsel anstehen haben. Es kommen viele neue Leute nach und da ist es einfacher so ein Projekt jetzt anzugehen als in 5 Jahren.
Wie ist die Idee zum Projekt entstanden?
Die grundsätzliche Idee hatte ich schon seit 10 Jahren im Kopf: Es gibt auf dem Markt automatisierte Fertigungssysteme für den Holzbau, die vor allem im Fertighausbau zum Einsatz kommen. Diese Anlagen waren mir zu unflexibel, von ihren Funktionen her einfacher und nicht für alle Projekte geeignet. Die Idee ist dann konkret geworden, als ich vor zwei Jahren die Firma Hundegger überzeugen konnte, gemeinsam mit uns als Prototyp eine neue Anlage zu entwickeln, die komplett flexibel ist und weitere Fertigungsschritte automatisiert und von der Baustelle in die Halle holt. Den ersten Vertrag zu dieser gemeinsamen Entwicklung haben wir vor 1,5 Jahren handschriftlich auf einem DIN A4-Blatt festgehalten. In unserer Vollausbaustufe ist die Anlage nun die erste dieser Art. Sie stößt übrigens bereits auf großes Interesse bei weiteren Kunden aus dem Holzbau und Wettbewerber von Hundegger haben jetzt bereits einige Kunden verloren.
Wir dürfen Ihnen dieses Jahr zu Ihrem 120jährigen Firmenjubiläum gratulieren - ist es schwierig, in einem so lange bestehenden Unternehmen etwas Neues zu beginnen?
Vor 1,5 Jahren habe ich alle Mitarbeiter aus dem Team zusammengeholt und gefragt: „Wollen wir das machen?“ Damals haben alle gesagt: „Ja, es muss sich etwas ändern.“ Daran muss ich sie jetzt aber manchmal erinnern. Für die Automatisierung der Fertigung ist eine komplette Digitalisierung der Planung nötig und mehrere neue Softwarelösungen. Das Arbeitsvorbereitungsprogramm, das wir bisher verwendet hatten, ist seit 1987 im Einsatz. Wir haben Mitarbeiter, die haben das nun seit 38 Jahren verwendet, die mussten sich jetzt umstellen. Die sagen schon manchmal: „Wir haben das immer so gemacht, warum sollen wir das jetzt anders machen?“
Innovation bedeutet auch Widerstände zu überwinden: Wo gab es im Projekt die größten Hürden - technisch, finanziell, organisatorisch oder menschlich?
Die größte Hürde war menschlich: Die Mitarbeiter mitzunehmen. Ich habe versucht, das so gut wie möglich zu machen und regelmäßig Beteiligte einbinden. Ich dachte, ich habe viel begleitet und geredet, aber es hätte wohl noch mehr sein sollen. Es ist wichtig, immer alle einzubinden und zu informieren, dass alle auf dem gleichen Kenntnisstand sind. Eine zweite Hürde war die Finanzierung: Es war nicht leicht, Banken zu überzeugen, warum man mitten in der Baukrise in Innovation investieren will. Glücklicherweise konnten wir unseren jahrelangen Finanzierungspartner aus Österreich, der viel in Holzbau investiert, dann doch mit unseren Zahlen überzeugen. Eine Förderung haben wir übrigens nicht in Anspruch genommen.
Das Unternehmen Aumann Holzbau, das dieses Jahr sein 120-jähriges Firmenjubiläum feiert, hat mitten in der Baukrise 7 Mio €. in den Aufbau einer neuen automatisierten Serienfertigung von Bauelementen investiert. Das heißt: neue Halle, neue Maschinen, neue Produkte, neue Prozesse, Digitalisierung und neue Qualifikationen bei Mitarbeitern. Geschäftsführer Theo Aumann erläutert, welche Erfahrungen man bei so einem Innovationsprojekt als Mittelständler macht – und wie man sich als Traditionsunternehmen an der Schnittstelle vom Handwerks- zum Industriebetrieb mit rund 150 Mitarbeitern immer wieder neu erfindet.
Von der Baubranche hörte man in letzter Zeit eher Krisennachrichten – Sie stemmen eine Millioneninvestition: Was war für Sie der Auslöser, sich an ein so großes Innovationsprojekt zu wagen?
Theo Aumann: Die Baubranche ist vielleicht in der Krise, aber nicht die Holzbaubranche. Wir erleben im Holzbau seit über 20 Jahren einen kontinuierlichen Wachstumsprozess. Das liegt auch an Innovationen. Die Maschinenbaufirma Hundegger, Weltmarktführer für Bearbeitungsmaschinen für konstruktiven Holzbau, war 1987 der erste Innovator und hat mit der Entwicklung von automatisierten Abbundmaschinen erst die Holzbau-Fertigung in größerem Maßstab ermöglicht. Deswegen konnte der Holzbau so wachsen.
Wir wollten gemeinsam mit der Firma Hundegger nun den nächsten Innovationsschritt in der automatisierten Fertigung gehen und auch größere Projekte im Holzbau anbieten können. Ich wollte das jetzt in Angriff nehmen, da wir im Unternehmen in den nächsten Jahren einen Generationswechsel anstehen haben. Es kommen viele neue Leute nach und da ist es einfacher so ein Projekt jetzt anzugehen als in 5 Jahren.
Wie ist die Idee zum Projekt entstanden?
Die grundsätzliche Idee hatte ich schon seit 10 Jahren im Kopf: Es gibt auf dem Markt automatisierte Fertigungssysteme für den Holzbau, die vor allem im Fertighausbau zum Einsatz kommen. Diese Anlagen waren mir zu unflexibel, von ihren Funktionen her einfacher und nicht für alle Projekte geeignet. Die Idee ist dann konkret geworden, als ich vor zwei Jahren die Firma Hundegger überzeugen konnte, gemeinsam mit uns als Prototyp eine neue Anlage zu entwickeln, die komplett flexibel ist und weitere Fertigungsschritte automatisiert und von der Baustelle in die Halle holt. Den ersten Vertrag zu dieser gemeinsamen Entwicklung haben wir vor 1,5 Jahren handschriftlich auf einem DIN A4-Blatt festgehalten. In unserer Vollausbaustufe ist die Anlage nun die erste dieser Art. Sie stößt übrigens bereits auf großes Interesse bei weiteren Kunden aus dem Holzbau und Wettbewerber von Hundegger haben jetzt bereits einige Kunden verloren.
Wir dürfen Ihnen dieses Jahr zu Ihrem 120jährigen Firmenjubiläum gratulieren - ist es schwierig, in einem so lange bestehenden Unternehmen etwas Neues zu beginnen?
Vor 1,5 Jahren habe ich alle Mitarbeiter aus dem Team zusammengeholt und gefragt: „Wollen wir das machen?“ Damals haben alle gesagt: „Ja, es muss sich etwas ändern.“ Daran muss ich sie jetzt aber manchmal erinnern. Für die Automatisierung der Fertigung ist eine komplette Digitalisierung der Planung nötig und mehrere neue Softwarelösungen. Das Arbeitsvorbereitungsprogramm, das wir bisher verwendet hatten, ist seit 1987 im Einsatz. Wir haben Mitarbeiter, die haben das nun seit 38 Jahren verwendet, die mussten sich jetzt umstellen. Die sagen schon manchmal: „Wir haben das immer so gemacht, warum sollen wir das jetzt anders machen?“
Innovation bedeutet auch Widerstände zu überwinden: Wo gab es im Projekt die größten Hürden - technisch, finanziell, organisatorisch oder menschlich?
Die größte Hürde war menschlich: Die Mitarbeiter mitzunehmen. Ich habe versucht, das so gut wie möglich zu machen und regelmäßig Beteiligte einbinden. Ich dachte, ich habe viel begleitet und geredet, aber es hätte wohl noch mehr sein sollen. Es ist wichtig, immer alle einzubinden und zu informieren, dass alle auf dem gleichen Kenntnisstand sind. Eine zweite Hürde war die Finanzierung: Es war nicht leicht, Banken zu überzeugen, warum man mitten in der Baukrise in Innovation investieren will. Glücklicherweise konnten wir unseren jahrelangen Finanzierungspartner aus Österreich, der viel in Holzbau investiert, dann doch mit unseren Zahlen überzeugen. Eine Förderung haben wir übrigens nicht in Anspruch genommen.
Sie suchen Austausch zum Thema?
Das regionale Netzwerk für produktionsorientierte Innovationsmanager:innen bietet mehrmals im Jahr die Gelegenheit zum praxisorientierten Austausch und Netzwerken.
Wie haben Sie Ihre Mitarbeiter auf die neuen Prozesse vorbereitet und sie in den Wandel eingebunden?
Das war für uns auch mit einem Generationswechsel verbunden, weil drei Mitarbeiter in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen. Wir haben einige neue Mitarbeiter eingestellt. Einige davon waren auch neu im Holzhausbau, die brauchten erst einen gewissen Lernprozess und haben viel fachliches Wissen von den älteren Mitarbeitern übernehmen können. Dann mussten neue und bestehende Mitarbeiter im laufenden Betrieb mehrere neue Softwaresysteme lernen. Alle mussten alles neu lernen, wir haben bei Null angefangen. Die neuen Programme können mehr, sind aber viel aufwändiger. Jemand, der das ganz neu lernt, hat es fast leichter als jemand, der schon in einem anderen Programm gearbeitet hat. Auch die Adaption der Programme auf unser Unternehmen war eine große Herausforderung. Unsere Mitarbeiter konnten drei Wochen bei einer Partnerfirma lernen, die die Programme schon einsetzt. Einige sind begeistert, aber einige von früher tun sich momentan noch etwas schwerer damit. Ich würde sagen, wir haben das alle etwas unterschätzt. Momentan brauchen unsere Projekte noch doppelt so lang in der Vorbereitung, aber wir erwarten uns in Zukunft 30% weniger Aufwand, wenn alles erst einmal eingespielt ist.
Haben Ihre Mitarbeiter Sorge, dass ihre Arbeitsplätze wegfallen oder haben die Mitarbeiter auch Vorteile gesehen?
Wir haben genauso viel Leute im Einsatz wie bisher, aber wir wollen jetzt auch viel mehr machen und alle müssen besser qualifiziert sein als vorher. Viele Prozesse werden für die Mitarbeiter leichter: Wir können jetzt im vollautomatischen, individuellen Zuschnitt Bauteile bis 4,20 Meter Höhe fertigen und auch automatisch drehen. Das musste bisher aufwändig mit dem Kran gemacht werden, das ist ja auch gefährlich. Wir haben außerdem die Einblasung der Dämmmaterialien in die Vorfertigung geholt. Das musste bisher auf der Baustelle gemacht werden und ist kein schöner Job. Unsere Flockanlage macht das nun automatisch und mannlos. Wir können damit auch zwischen verschiedenen Dämmstoffen flexibel wechseln. Früher wurde viel mit der Kreissäge gesägt, da war alles voller Staub: Mit der neuen Anlage wird das direkt abgesaugt, das verursacht viel weniger Dreck und ist wesentlich sicherer. Auch die Abläufe sind jetzt wesentlich planbarer: Man kann viel besser kalkulieren, wie lange wir für eine Fertigung brauchen werden, weil die Prozesse feststehen, und es sind mit gleichem Arbeitsaufwand höhere Stückzahlen möglich. Wir brauchen auch wesentlich weniger Material, weil wir durch den automatischen Zuschnitt weniger Verschnitt haben werden.
Gab es Momente, in denen Sie das Gefühl hatten: „Das schaffen wir nicht“?
Es gab Momente da habe ich mich gefragt: „Warum habe ich mir das angetan?“ Aber ich habe es immer für mich behalten. Wir sind auch noch mittendrin, noch gibt es kein entspanntes Zurücklehnen. Aber im Frühjahr 2026 sollten sich die neuen Prozesse eingespielt haben, dann sind wir sicher alle stolz auf unsere gemeinsame Leistung.
Was würden Sie anderen mittelständischen Unternehmen raten, die selbst große Innovationsprojekte anstoßen wollen?
Gute Partner sind wichtig: Das Risiko war für uns auch deswegen händelbar, weil wir seit 40 Jahren gut mit der Firma Hundegger zusammenarbeiten und uns sicher waren, dass wir das gemeinsam gut hinbekommen. Hilfreich ist es, sich mit anderen Unternehmen auszutauschen. Ich würde das Projekt rückwirkend intern auf noch mehr Schultern verteilen. Evtl. wäre es auch gut gewesen, einen zusätzlichen externen Projektsteuerer dazu zu nehmen. Dann ist es natürlich schon auch so, dass man auch Nachteile hat, wenn man mit einer Innovation der Erste ist. Aber ich bin überzeugt davon, dass es sich trotzdem für das Unternehmen auszahlt. Zumindest hat es sich für uns die letzten 120 Jahre gelohnt, nie stehenzubleiben und uns immer innovativ weiterzuentwickeln.