Expertise Nachhaltiges Wirtschaften – Die Gemeinwohl-Bilanz als Instrument der Nachhaltigkeitsstrategie
Über 20 Unternehmen nehmen 2020 an der Gemeinwohl-Bilanzierung in einer regionalen „Peergroup“ teil und unterstützen sich gegenseitig auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit.
Ein Interview mit Jörn Wiedemann. Er ist erfahrener Gemeinwohl-Berater und Experte für nachhaltiges Wirtschaften mit Referenzen in vielfältigen Branchen und Unternehmen jeder Größenordnung.
Über 2.000 Unternehmen in der Dach-Region unterstützten mittlerweile die Gemeinwohl-Ökonomie, die von Christian Felber vor 9 Jahren als Bewegung gegründet wurde und die mittlerweile international hunderttausende Anhänger hat. Die Gemeinwohl-Bilanz ist das Kernstück der Gemeinwohl-Ökonomie und fußt auf der Arbeit vieler Ehrenamtlicher, die das wirtschaftliche Handeln an universellen Werten ausrichten und vergleichen möchte. Gleichzeitig ist sie derzeit wohl das anspruchsvollste Instrument, um Nachhaltigkeit im unternehmerischen Handeln zu dokumentieren und zu vergleichen. Die Gemeinwohl-Matrix zeigt übersichtlich sämtliche Aspekte der Nachhaltigkeit eines Betriebes. Dabei werden die Wertegruppen mit den Berührungsgruppen eines Unternehmens verglichen.
Das Engagement des Unternehmens wird dabei in Punkten gemessen. Punkte werden für Fortschritte in den Themenbereichen vergeben, in denen das Unternehmen mehr leistet als der gesetzliche Rahmen erfordert. Ein ideales nachhaltiges Unternehmen erreicht 1.000 Punkte. Die Erfüllung von Negativkriterien führt zu Punktabzügen, im Maximum bis zu -3.600 Punkten.
Herr Wiedemann, wie hoch ist der Aufwand für ein Unternehmen, sich nach der Gemeinwohl-Ökonomie bilanzieren zu lassen?
Jörn Wiedemann: Bei der ersten Erstellung ist der Zeitaufwand für gewöhnlich am höchsten. Je nach Aufwand und eigenem Anspruch sollten hierfür 60-200 Arbeitsstunden eingeplant werden.Allerdings gibt es für kleinere Unternehmen auch eine „Kompaktbilanz“, deren Aufwand etwas geringer ist. Diese kann auch von größeren Unternehmen als Erstbilanz einmal genutzt werden.
Was kostet die Gemeinwohl-Bilanzierung ein Unternehmen?
Sämtliche Unterlagen und Berichtsvorlagen sind kostenlos abrufbar. Erst bei einer Auditierung durch zertifizierte Auditor*innen der Gemeinwohl-Ökonomie fallen Kosten an. Abhängig von der Größe des Betriebs belaufen sich die Kosten beispielsweise für ein Unternehmen mit 50 Mitarbeitern auf zwei- bis dreitausend Euro. Hinzu kommen bei Bedarf die Kosten für zertifizierte Berater*innen, die den Prozess begleiten.
Es gibt zweierlei Möglichkeiten der Bilanzierung. Was ist eine Peer-Evaluierung?
Alternativ zur Gemeinwohl-Bilanzierung mit Audit kann alle zwei Jahre die Bilanz auch in einer Gruppe von Unternehmen erstellt werden. Dazu schließen sich drei bis sechs Unternehmen zu einer sogenannten „Peer Group“ zusammen. Diese Peer Group wird von einem zertifizierten Gemeinwohl-Berater begleitet. Die Bewertung der einzelnen Themen erfolgt dabei statt durch einen Auditor durch die Peer Group. Dieser Prozess ist etwas kostengünstiger. Der große Vorteil einer Peer Group ist vor allem der gemeinsame Lernprozess.
Die wichtigste Frage für Unternehmen: Was habe ich davon?
Die Bilanz macht transparent welchen Beitrag das Unternehmen bereits zum Gemeinwohl leistet und wo Entwicklungspotentiale liegen. Der Prozess der Erstellung der Bilanz liefert damit gleichzeitig wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung des Unternehmens.
Wird die Nachhaltigkeitsstrategie glaubwürdig über mehrere Jahre kommuniziert, erhöht sich die Attraktivität sowohl für potentielle Mitarbeiter als auch für Kunden. Das Unternehmen wird in einem Umfeld mit vorbildlichen Unternehmen wahrgenommen und bekommt im Erfahrungsaustausch mit gleichgesinnten Unternehmen weitere wertvolle Impulse.
Wie nachhaltig muss ein Unternehmen für eine Bilanzierung sein? Gibt es Minimumkriterien?
Im Gegensatz zu vielen Zertifizierungen, muss der Betrieb keine Mindeststandards erfüllen, um eine Gemeinwohl-Bilanz zu erstellen. Es wird der Status Quo der derzeitigen Nachhaltigkeitsbemühungen berichtet. Im Audit-Prozess wird dieser Bericht stichprobenartig überprüft.
Unternehmen in unserer Region die sich mit Gemeinwohl-Bilanz beschäftigen:
Architekturbüro Mießl, Biobäckerei Schubert, buch7.de, Contecta Hausverwaltung, degree clothing, deVega Medien, elfgen pick GmbH, HBPlus Dinkelscherben Steuerberatungs GmbH, Herzstück Horgau eG, Lieslotte Medien, Schloss Blumenthal, Werte-voller-Leben, Willert Holding, Bio-Hotel Bayerischer Wirt
Über 20 Unternehmen nehmen 2020 an der Gemeinwohl-Bilanzierung in einer regionalen „Peergroup“ teil und unterstützen sich gegenseitig auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit.
Ein Interview mit Jörn Wiedemann. Er ist erfahrener Gemeinwohl-Berater und Experte für nachhaltiges Wirtschaften mit Referenzen in vielfältigen Branchen und Unternehmen jeder Größenordnung.
Über 2.000 Unternehmen in der Dach-Region unterstützten mittlerweile die Gemeinwohl-Ökonomie, die von Christian Felber vor 9 Jahren als Bewegung gegründet wurde und die mittlerweile international hunderttausende Anhänger hat. Die Gemeinwohl-Bilanz ist das Kernstück der Gemeinwohl-Ökonomie und fußt auf der Arbeit vieler Ehrenamtlicher, die das wirtschaftliche Handeln an universellen Werten ausrichten und vergleichen möchte. Gleichzeitig ist sie derzeit wohl das anspruchsvollste Instrument, um Nachhaltigkeit im unternehmerischen Handeln zu dokumentieren und zu vergleichen. Die Gemeinwohl-Matrix zeigt übersichtlich sämtliche Aspekte der Nachhaltigkeit eines Betriebes. Dabei werden die Wertegruppen mit den Berührungsgruppen eines Unternehmens verglichen.
Das Engagement des Unternehmens wird dabei in Punkten gemessen. Punkte werden für Fortschritte in den Themenbereichen vergeben, in denen das Unternehmen mehr leistet als der gesetzliche Rahmen erfordert. Ein ideales nachhaltiges Unternehmen erreicht 1.000 Punkte. Die Erfüllung von Negativkriterien führt zu Punktabzügen, im Maximum bis zu -3.600 Punkten.
Herr Wiedemann, wie hoch ist der Aufwand für ein Unternehmen, sich nach der Gemeinwohl-Ökonomie bilanzieren zu lassen?
Jörn Wiedemann: Bei der ersten Erstellung ist der Zeitaufwand für gewöhnlich am höchsten. Je nach Aufwand und eigenem Anspruch sollten hierfür 60-200 Arbeitsstunden eingeplant werden.Allerdings gibt es für kleinere Unternehmen auch eine „Kompaktbilanz“, deren Aufwand etwas geringer ist. Diese kann auch von größeren Unternehmen als Erstbilanz einmal genutzt werden.
Was kostet die Gemeinwohl-Bilanzierung ein Unternehmen?
Sämtliche Unterlagen und Berichtsvorlagen sind kostenlos abrufbar. Erst bei einer Auditierung durch zertifizierte Auditor*innen der Gemeinwohl-Ökonomie fallen Kosten an. Abhängig von der Größe des Betriebs belaufen sich die Kosten beispielsweise für ein Unternehmen mit 50 Mitarbeitern auf zwei- bis dreitausend Euro. Hinzu kommen bei Bedarf die Kosten für zertifizierte Berater*innen, die den Prozess begleiten.
Es gibt zweierlei Möglichkeiten der Bilanzierung. Was ist eine Peer-Evaluierung?
Alternativ zur Gemeinwohl-Bilanzierung mit Audit kann alle zwei Jahre die Bilanz auch in einer Gruppe von Unternehmen erstellt werden. Dazu schließen sich drei bis sechs Unternehmen zu einer sogenannten „Peer Group“ zusammen. Diese Peer Group wird von einem zertifizierten Gemeinwohl-Berater begleitet. Die Bewertung der einzelnen Themen erfolgt dabei statt durch einen Auditor durch die Peer Group. Dieser Prozess ist etwas kostengünstiger. Der große Vorteil einer Peer Group ist vor allem der gemeinsame Lernprozess.
Die wichtigste Frage für Unternehmen: Was habe ich davon?
Die Bilanz macht transparent welchen Beitrag das Unternehmen bereits zum Gemeinwohl leistet und wo Entwicklungspotentiale liegen. Der Prozess der Erstellung der Bilanz liefert damit gleichzeitig wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung des Unternehmens.
Wird die Nachhaltigkeitsstrategie glaubwürdig über mehrere Jahre kommuniziert, erhöht sich die Attraktivität sowohl für potentielle Mitarbeiter als auch für Kunden. Das Unternehmen wird in einem Umfeld mit vorbildlichen Unternehmen wahrgenommen und bekommt im Erfahrungsaustausch mit gleichgesinnten Unternehmen weitere wertvolle Impulse.
Wie nachhaltig muss ein Unternehmen für eine Bilanzierung sein? Gibt es Minimumkriterien?
Im Gegensatz zu vielen Zertifizierungen, muss der Betrieb keine Mindeststandards erfüllen, um eine Gemeinwohl-Bilanz zu erstellen. Es wird der Status Quo der derzeitigen Nachhaltigkeitsbemühungen berichtet. Im Audit-Prozess wird dieser Bericht stichprobenartig überprüft.
Unternehmen in unserer Region die sich mit Gemeinwohl-Bilanz beschäftigen:
Architekturbüro Mießl, Biobäckerei Schubert, buch7.de, Contecta Hausverwaltung, degree clothing, deVega Medien, elfgen pick GmbH, HBPlus Dinkelscherben Steuerberatungs GmbH, Herzstück Horgau eG, Lieslotte Medien, Schloss Blumenthal, Werte-voller-Leben, Willert Holding, Bio-Hotel Bayerischer Wirt
3 Tipps zum Nachmachen:
- Suchen Sie sich Verbündete in Ihrem Unternehmen. Das verteilt die Arbeit und fördert das gemeinsame Lernen.
- Streben Sie nicht nach Perfektion. Nachhaltigkeit ist ein ständiger Lernprozess, der mit dem ersten Schritt beginnt.
- Wählen Sie für Ihre Nachhaltigkeitsstrategie ein Instrument, das Messbarkeit und Vergleichbarkeit gewährleistet. Das fördert die Weiterentwicklung Ihres Unternehmens.
Kontakt
Terra Institute GmbH
Berater für Gemeinwohl-Ökonomie
Säbenertorgasse 2
39042 Brixen
+39 0472 9704-84
office@terra-institute.eu
http://www.terra-institute.eu
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Angebot für Unternehmen – A³ Fachkräftekampagne: arbeiten und leben in A³
Ohne gezieltes Fachkräfte-Marketing geht heute nichts mehr. Die Regio Augsburg Wirtschaft GmbH startet 2024 mit einer neuen A³ Fachkräftekampagne für den Wirtschaftsraum Augsburg.
Ziel: Werbung für die Region und für die attraktiven Arbeitgeber in A³.
Beteiligen Sie sich als Arbeitgeber, denn nur gemeinsam erreichen wir einen hohen Bekanntheitsgrad und ein (noch) besseres Image für die Region Augsburg bei gesuchten Fachkräften.
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